Ein Arbeiter bei der Reisernte in China
APA/AFP/Peter Parks
50 Mio. Zwangsarbeiter

Pandemie schuf mehr „moderne Sklaven“

Rund 50 Millionen Menschen weltweit sind nach Angaben der Vereinten Nationen in Situationen „moderner Sklaverei“ gefangen. Dazu zählen rund 28 Millionen Zwangsarbeiter sowie 22 Millionen Menschen, die zwangsverheiratet wurden. Das Problem besteht in praktisch jedem Land der Welt, die Coronavirus-Pandemie hat es noch verschärft.

Die Zahl der Menschen in „moderner Sklaverei“ ist in den letzten fünf Jahren erheblich gestiegen. 2021 waren zehn Millionen Menschen mehr betroffen als 2016. Frauen und Kinder sind weiterhin unverhältnismäßig stark gefährdet, heißt es in dem Bericht, den die Internationale Arbeitsorganisation (ILO), die Organisation für Migration (IOM) und die Walk-Free-Stiftung, die sich gegen Sklaverei engagiert, am Montag in Genf vorlegten.

Kombiniert mit den Auswirkungen des Klimawandels und bewaffneten Konflikten habe sich die Pandemie vielerorts verheerend auf Beschäftigung und Bildung ausgewirkt, schreiben die Autorinnen und Autoren. Die Konsequenz sei „eine Zunahme extremer Armut und erzwungener und unsicherer Migration“ – und Migranten seien mehr als dreimal so häufig von Zwangsarbeit betroffen wie andere Menschen.

Ein Kind im Sudan beim Herstellen von Ziegelsteinen
Reuters/Zohra Bensemra
Fast jeder achte von Zwangsarbeit betroffene Mensch ist ein Kind

Weltweite Verbreitung

„Moderne Sklaverei kommt in fast allen Ländern der Welt vor, und zwar über ethnische, kulturelle und religiöse Grenzen hinweg“, heißt es in dem Bericht. Mehr als die Hälfte (52 Prozent) aller Fälle von Zwangsarbeit und ein Viertel aller Zwangsverheiratungen finden sich in Ländern mit mittlerem oder hohem Einkommen.

Die meisten Fälle von Zwangsarbeit (86 Prozent) sind im privaten Sektor zu verzeichnen. Fast ein Viertel der Betroffenen würden kommerziell sexuell ausgebeutet, in dieser Gruppe seien die meisten – vier von fünf – Frauen. Von denen, die zur Ehe gezwungen werden, seien gut zwei Drittel Frauen und Mädchen. Fast jeder achte von Zwangsarbeit betroffene Mensch ist ein Kind (3,3 Millionen). Mehr als die Hälfte von ihnen ist von kommerzieller sexueller Ausbeutung betroffen.

Auch staatliche Zwangsarbeit

14 Prozent der Betroffenen von Zwangsarbeit leisten diese für staatliche Behörden, erklärte die ILO. Der Bericht äußerte etwa Kritik an zwangsweise zu verrichtender Arbeit in Gefängnissen – eine gängige Praxis in vielen Ländern, etwa in den USA. Speziell verweisen die UNO-Experten auf die Lage in Nordkorea, wo es „glaubwürdige Berichte über Zwangsarbeit unter außergewöhnlich harten Bedingungen“ gebe.

Genannt wurde auch die Region Xinjiang in China. Unlängst erst legte das UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte einen Bericht vor, wonach Hunderttausende Uiguren und andere Angehörige muslimischer Minderheiten dort gegen ihren Willen in Lagern festgehalten und zu Arbeitseinsätzen gezwungen wurden. China weist alle Vorwürfe zurück.

Bauarbeiter auf einer Baustelle in Katar
APA/AFP/Al-Watan Doha/Karim Jaafar
Nach UNO-Angaben hat Katar die höchste Quote an Arbeitsmigranten der Welt

Verbesserungen in Katar

Zudem wird der Wüstenstaat Katar, dem im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft 2022 immer wieder Arbeitsrechtsverletzungen von Wanderarbeitern vorgeworfen wurde, erwähnt. Immerhin habe es in den vergangenen Jahren nicht zuletzt durch eine Kooperation mit der ILO Verbesserungen gegeben. Die Arbeitnehmer können nun das Land verlassen oder den Arbeitsplatz wechseln, ohne dass der Arbeitgeber das verbieten kann. Darüber hinaus habe es bedeutende Entwicklungen in den Bereichen „Mindestlohn, Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz sowie des sozialen Dialogs auf Unternehmensebene“ gegeben.

Trotz der „erreichten Meilensteine“ seien aber noch Lücken bei der Umsetzung vorhanden, so die ILO. Zu den wichtigsten verbleibenden Prioritäten gehöre die Notwendigkeit, gegen Vergeltungsmaßnahmen vorzugehen, die skrupellose Arbeitgeber gegen Arbeitnehmer ergreifen würden. Nach wie vor gebe es zudem viele Beschwerden im Zusammenhang mit der Nichtzahlung von Löhnen und Leistungen. Und schließlich profitiere eine große Zahl von Hausangestellten noch nicht in vollem Umfang von den Arbeitsreformen, insbesondere wenn es um ihre Rechte in Bezug auf die Arbeitszeit und das Recht auf einen freien Tag pro Woche gehe.

Mehrere Millionen Menschen leben in Zwangsarbeit

Rund 50 Millionen Menschen weltweit sind nach Angaben der Vereinten Nationen in Situationen „moderner Sklaverei“ gefangen. Dazu zählen rund 28 Millionen Zwangsarbeiter sowie 22 Millionen Menschen, die zwangsverheiratet wurden. Den Bericht über moderne Sklaverei 2021 legten die Internationale Arbeitsorganisation (ILO), die Organisation für Migration (IOM) und die Walk-Free-Stiftung, die sich gegen Sklaverei engagiert, in Genf vor.

Sklaverei als „Grundlage unserer globalen Wirtschaft“

„Es ist schockierend, dass sich die Situation der modernen Sklaverei nicht verbessert“, sagte ILO-Chef Guy Ryder. „Nichts kann das Fortbestehen dieser grundlegenden Verstöße gegen die Menschenrechte rechtfertigen.“ Grace Forrest, Gründungsdirektorin von Walk Free, sagte: „Moderne Sklaverei ist das Gegenteil von nachhaltiger Entwicklung. Dennoch bildet sie auch im Jahr 2022 noch die Grundlage unserer globalen Wirtschaft.“