WKÖ-Chef Mahrer für Sonntagsöffnung vor Weihnachten

Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer fordert für die Zeit nach dem Lockdown längere Öffnungszeiten und das Aufsperren für den Handel auch am Sonntag. Einerseits soll damit der Umsatz in der Vorweihnachtszeit noch angekurbelt werden, andererseits gehe es auch „um das Entzerren der Kundenströme“, sagte Mahrer im Ö3-Frühjournal des ORF-Radio.

Der Wirtschaftskammer-Chef plädierte dafür, auch beim Onlineshopping „regional-digital“ auf österreichischen Shoppingportalen einzukaufen. „Wichtig ist jetzt, dass die Umsätze in Österreich bleiben.“ Der Lockdown sei ein schwerer Schlag für den Handel. „Die haben sich alle eingedeckt mit Ware für das Weihnachtsgeschäft, das ist für den Handel die stärkste Zeit im Jahr.“

Gewerkschaft erzürnt

Die Gewerkschaft ist empört. „Wir sind mehr als überrascht und verärgert. Mit uns wurde nicht einmal das Gespräch gesucht“, sagte Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA. Auch WKÖ-intern gibt es Widerstand. Mahrers Vorstoß sei eine Hauruckaktion und der Sozialpartnerschaft unwürdig, zumal es um Hunderttausende Handelsangestellte gehe, die in der Pandemiezeit sehr belastet gewesen seien, so die Spitzengewerkschafterin. „Wir haben die Handelsangestellten dutzendfach zur Sonntagsöffnung befragt.“ Diese werde mit großer Mehrheit abgelehnt.

Zu einer Verlängerung der Öffnungszeiten sagte Teiber: „Schon jetzt können Geschäfte bis 21.00 Uhr offen halten. Wie lang denn noch?“ Auch Handelsangestellte „sind Menschen, haben eine Familie“.

Das Argument, die heimischen Handelsbetriebe gegen den US-Giganten Amazon zu stärken, lässt Teiber nicht gelten. Die Gewerkschaft sei zu jeder Allianz für eine faire Besteuerung des Onlineriesen bereit. „So etwas bringt was, nicht zwei Sonntage.“ Für den Handel sinnvoller wäre es außerdem, die Gewerkschaftsforderung nach dem „Corona-Tausender“ aufzugreifen. „Da gab es die Idee, diesen in Gutscheine umzuwandeln“, sagte Teiber. Dies könnte man kommendes Jahr umsetzen, was dem Handel auch mittelfristig helfen würde. Denn: „Natürlich fehlt den Haushalten Geld.“

WKÖ versucht zu beruhigen

WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik betonte gegenüber der APA in einem schriftlichen Statement: „Die Öffnung an den zwei verbleibenden Sonntagen vor Weihnachten ist einer von mehreren Vorschlägen. Weitere Maßnahmen, an die die WKÖ denkt, sind etwa eine Verlängerung der Öffnungszeiten oder aber das Einrichten von Personenleitsystemen.“ Hier brauche es pragmatische Lösungen, damit die Österreicher einkaufen gehen können, ohne sich anzustellen. „Ziel muss es sein, Kundenströme zu entzerren.“

Von NEOS gab es indes Zuspruch: „Wir sind immer auf die Sonntagsöffnung bedacht, sind schon vor Corona dafür eingetreten“, sagten Wirtschaftssprecher Josef Schellhorn am Rande einer Pressekonferenz. „Das würde jedenfalls für eine Entflechtung sorgen und wäre ein probates Mittel, wenn auf sieben Tage ausgeweitet wird.“

Vorschlag: Regionales, digitales Angebot stärken

Gerade die Handelsangestellten, die in den vergangenen Monaten arg drangekommen seien und sich einem gesundheitlichen Risiko aussetzten, brauchten die Erholung am Sonntag, sagte Daniela Ebeert, Koordinatorin der Allianz für freien Sonntag zur APA. Neben den Kirchen gehören der Allianz auch Gewerkschaften und zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen an.

„Der Sonntag ist ein wichtiges wirtschaftliches Kulturgut in Österreich“, so Ebeert. Die Menschen brauchten einen gemeinsamen freien Tag, Kinder ihre Eltern. Wenn jeder an einem anderen Tag freihätte, wären zum Beispiel ehrenamtliche Tätigkeiten gar nicht mehr möglich. „Da bricht so viel zusammen.“

Handelsverband: Personalkosten am Sonntag hoch

Eine Sonntagsöffnung sei grundsätzlich zu begrüßen, müsse aber unbedingt auf Freiwilligkeit seitens der Händler basieren, so auch der Handelsverband. Denn die Personalkosten am Sonntag seien hoch.

Es sei zu beachten, „dass die Personalkosten im Handel unter der Woche nach 18.30 Uhr, am Samstag ab 13.00 Uhr und am Sonntag generell aufgrund von Zuschlägen um ein Vielfaches höher sind“, so Handelsverbandsgeschäftsführer Rainer Will. Das sei gerade für viele kleinere Betriebe, die seit mehr als neun Monaten massiv unter der Coronavirus-Krise litten, „nicht leicht zu heben“.

Überdies könne nicht jeder Händler von Umsatzzuwächsen ausgehen, in manchen Bereichen würde lediglich eine Umsatzumverteilung stattfinden. „Es darf daher keinesfalls zu einer Offenhaltepflicht kommen“, so Will. „Da auch die 600.000 Beschäftigten im heimischen Handel im Corona-Jahr 2020 bereits belastet waren, empfehlen wir eine Sonntagsarbeit im Dezember nur auf freiwilliger Basis.“