Gipfelbeschluss: EU-Parlament fordert Nachbesserung

Das EU-Parlament hat Widerstand gegen die Beschlüsse der Staats- und Regierungschefs für das nächste mehrjährige Gemeinschaftsbudget angekündigt. Die Abgeordneten lehnten in einer gestern in Brüssel mit breiter Mehrheit von 465 Ja-Stimmen (gegen 150 Nein-Stimmen und 67 Enthaltungen) verabschiedeten Entschließung den beim EU-Gipfel erzielten Kompromiss „in seiner derzeitigen Fassung“ ab. Die Volksvertretung werde ihre Zustimmung „verweigern, bis (…) eine zufriedenstellende Einigung erzielt wird“, heißt es dort.

Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten sich am Dienstag bei einem fünf Tage dauernden Gipfeltreffen auf ein beispielloses Finanzpaket geeinigt. Sie beschlossen dabei den Coronavirus-Aufbaufonds im Volumen von 750 Milliarden Euro und den EU-Finanzrahmen für die nächsten sieben Jahre im Umfang von 1.074 Milliarden Euro.

Den Coronavirus-Fonds, für den die EU-Kommission künftig hohe Schulden im Namen der EU aufnehmen soll, begrüßten die Abgeordneten grundsätzlich. Beim Budget habe es aber „massive Kürzungen“ gegeben. Diese Einschnitte bei Gesundheits-, Forschungs- und Bildungsprogrammen, beim Klimaschutz und der Digitalisierung sowie in der Außen- und Migrationspolitik liefen den gemeinschaftlichen Interessen zuwider.

Gegen Rabatte

In der Entschließung wenden sich die Abgeordneten auch gegen die Rabatte, die einigen Nettozahlerländern auf ihre EU-Beiträge gewährt werden. Parlament und Kommission fordern schon lange die Abschaffung dieser „Korrekturmechanismen“. Beim EU-Gipfel hatten Österreich, die Niederlande, Dänemark und Schweden aber sogar höhere Nachlässe für sich ausgehandelt. Der ebenfalls beträchtliche Rabatt Deutschlands blieb gleich.

Die höheren Rabatte waren den vier Ländern zugestanden worden, weil sie sich lange gegen die Grundidee des Coronavirus-Hilfsfonds gewehrt hatten: dass die EU-Kommission Schulden aufnimmt und das Geld als nicht rückzahlbare Zuschüsse zur Krisenbewältigung an bedürftige Länder verteilt. Der Anteil der Zuschüsse an den 750 Milliarden wurde schließlich von 500 Milliarden auf 390 Milliarden Euro gesenkt.

Frage der Rechtsstaatlichkeit „nicht gelöst“

Auch das bemängelte das EU-Parlament: Das „Potenzial des Instruments und seine transformative Wirkung auf die Wirtschaft“ habe sich dadurch verringert. Neben der Reduzierung der Zuschüsse bemängelten die Abgeordneten einen fehlenden „Gegenfinanzierungsplan“. Pläne für neue Einnahmequellen der EU in Form neuer Abgaben seien nicht ausgereift.

Auch die heikle Frage der Rechtsstaatlichkeit wurde dem Parlament zufolge nicht gelöst. Wie auch die EU-Kommission wollen die Abgeordneten, dass EU-Ländern in Fällen von Verstößen gegen rechtsstaatliche Prinzipien die Mittel aus Brüssel gekürzt werden können. Die Gipfeleinigung sieht diese Möglichkeit grundsätzlich vor, auf Druck von Polen und Ungarn wurden die Details des Rechtsstaatsmechanismus aber nicht verabschiedet.