Postenbesetzung: Tanner-Argument „nicht nachvollziehbar“

Die Besetzung eines Leitungsposten im Bundesheer sorgt für Aufregung. Weil die Position nicht ausgeschrieben wurde, ist bereits von „Verdacht von Postenkorruption“ die Rede. Eine Ausschreibung sei mit Blick auf das Beamtendienstrecht nicht erforderlich, so Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP). Für Verwaltungsrechtler Peter Bußjäger ist die Argumentation der Ressortchefin „nicht nachvollziehbar“.

Konkret geht es um die Leitung des Instituts für Strategie und Sicherheitspolitik (ISS) an der Landesverteidigungsakademie. Diese soll laut Ö1 dem früheren Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums (HGM), Christian Ortner, übertragen werden. Die Personalvertretung sowie SPÖ und die Grünen übten scharfe Kritik an dem „unüblichen Bestellvorgang“.

Laut Verteidigungsministerin Tanner ist eine Ausschreibung nach Beamtendienstrecht aber nicht erforderlich, weil die Ernennung auf einen bisher unbesetzten und somit freien Arbeitsplatz erfolge. Die Leitung des Instituts für Strategie und Sicherheitspolitik (ISS) wird derzeit nur interimistisch geführt.

Bußjäger: „Komplexe Angelegenheit“

Im Gespräch mit ORF.at sagt Bußjäger, dass die Argumentation der Ministerin „seltsam und nicht nachvollziehbar“ sei. „Der Hinweis auf das Beamtendienstrecht überzeugt mich ehrlicherweise nicht“, sagt der Verwaltungsexperte von der Universität Innsbruck. Eine Variante, mit der die Besetzung ohne Ausschreibung möglich ist, habe er „auf den ersten Blick“ nicht gefunden.

Gleichzeitig verweist Bußjäger auf das Ausschreibungsgesetz, das die Aufnahme in den Bundesdienst sowie die auszuschreibenden Posten und Funktionen regelt. Es sei „tatsächlich eine komplexe Angelegenheit“, wie er erklärt.

Denn im Gegensatz zur Leitung der Landesverteidigungsakademie wird eine Institutsleitung nicht explizit im Gesetz genannt. Dennoch könne der Posten wegen seiner höheren Wertigkeit unter „sonstige auszuschreibende Arbeitsplätze“ fallen. Sollte das der Fall sein, könnten weitere rechtliche Schritte folgen.

Lange Debatte über Ortner

Eine Ausschreibung von Leitungsfunktionen sei rechtlich vorgeschrieben, auch in der Vergangenheit sei die Institutsleitung immer ausgeschrieben worden, kritisierte Herwig Jedlaucnik, Personalvertreter an der Landesverteidigungsakademie, die Postenbesetzung. „Und deshalb steht der Verdacht der Postenkorruption im Raum und damit zusammenhängend natürlich auch der Verdacht des Amtsmissbrauches“, sagte Jedlaucnik.

Ortner wurde im vergangenen Jahr nach 17 Jahren an der Spitze des HGM abgelöst. Neben Kritik am Umgang des Museums mit der militärischen Vergangenheit Österreichs war er mit schweren Mobbingvorwürfen konfrontiert. Diese Vorwürfe sind aus Tanners Sicht ausgeräumt. Eine interne Untersuchung habe ergeben, dass sie nicht stichhaltig seien und es keinen Verdacht auf Dienstverletzungen gebe.

Aber auch an der inhaltlichen Eignung Ortners zweifelt Jedlaucnik. Ortner sei Experte für den Ersten Weltkrieg und die Kriege der österreichisch-ungarischen Monarchie davor, das Institut beschäftige sich aber mit aktuellen Fragen der Sicherheitspolitik. Laut Tanner erfülle Ortner alle Voraussetzungen und Kenntnisse, um die Institutsleitung ausüben zu können.

SPÖ, Grüne und NEOS mit Kritik, FPÖ sieht kein Problem

Die SPÖ verlangt von Tanner Aufklärung über den „unüblichen Bestellvorgang“. Stellenbesetzungen müssten transparent und nachvollziehbar sein, so SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer. NEOS forderte Tanner auf, die Ernennung zurückzunehmen und „ein ordentliches Bestellungsverfahren“ durchzuführen, so Douglas Hoyos, NEOS-Sprecher für Landesverteidigung.

Auch vonseiten des Koalitionspartners gibt es Kritik. Grünen-Wehrsprecher David Stögmüller zweifelt die Kompetenzen und Eignung von Ortner an. „Ich würde empfehlen, das wirklich auszuschreiben.“ Nur die FPÖ sieht in der Besetzung des Leitungspostens mit Ortner keine Probleme.