U-Ausschuss: Verfahrensrichter sieht Sobotka-Vorsitz skeptisch

Der Verfahrensrichter im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss, Wolfgang Pöschl, hat Zweifel, dass Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) nach seiner Zeugenaussage auch weiterhin den Vorsitz in dem Gremium führen kann. In der Ö1-Reihe „Im Journal zu Gast“ äußerte Pöschl heute „juristische Bedenken“, vor allem weil Sobotka im Bericht dann seine eigene Aussage bewerten müsste.

Er begründete das damit, dass der Abschlussbericht des Ausschusses, den der Vorsitzende erstellt, möglicherweise auch eine Beurteilung enthalten werde, ob die Aussage Sobotkas glaubwürdig gewesen sei. Es werde ihm schwerfallen, das über sich selbst zu sagen, meinte der Verfahrensrichter: „Es wäre gegen einen fundamentalen Grundsatz der Rechtsordnung, sich selbst zu beschreiben.“

Einen Rückzug vom Vorsitz wollte Pöschl Sobotka aber nicht explizit empfehlen. Er würde dem Nationalratspräsidenten nur raten, nach der Verfahrensordnung vorzugehen.

Teile des „Ibiza“-Videos bald zu erwarten

Der U-Ausschuss hat nach Ansicht Pöschls inhaltlich durchaus schon einiges zutage gefördert. Für eine Beurteilung, ob es wirklich eine Käuflichkeit der türkis-blauen Regierung gegeben habe, sei es zwar noch zu früh, sagte der Verfahrensanwalt im Ö1-Interview. Es gebe aber bereits Indizien für Zahlungen an parteinahe Vereine, eine etwaige Gegenleistung sei allerdings „noch unklar“. Andererseits sei aber ein Gesetz für den Privatkrankenanstaltenfonds (PRIKRAF) beschlossen worden, wo FPÖ- und ÖVP-nahe Vereine profitiert hätten.

Zuversichtlich zeigte sich Pöschl, dass das „Ibiza“-Video schon in den nächsten Tagen, jedenfalls aber vor der Fortsetzung des Ausschusses am 9. September diesem zur Verfügung stehen wird. Er glaubt allerdings nicht, dass der Ausschuss das gesamte Video bekommt, sondern nur jene Teile, die von der Justiz in den Strafakt aufgenommen werden. Hier würden Persönlichkeitsrechte bereits wahrgenommen.

„Keine Werbung für den Finanzminister“

Den Umgangston in diesem „Ibiza“-Ausschuss empfindet der Verfahrensrichter „lauter, deftiger und kontroversieller“ als in früheren U-Ausschüssen sowie manchmal auch aggressiv. Das liege vor allem an den Entschlagungen von Auskunftspersonen, gegen die auch rechtliche Verfahren laufen. Dass sich Fnanzminister Gernot Blümel (ÖVP) mehr als 80-mal nicht erinnern konnte, hält Pöschl für „keine Werbung für den Finanzminister“.

Gegen eine Liveübertragung des Ausschusses hätte Pöschl nichts einzuwenden. Allerdings müssten Vorkehrungen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte von Auskunftspersonen getroffen werden. Der Verfahrensrichter kann sich vorstellen, dass eine „Livezusammenfassung“ bei den Zuschauern gut ankommen würde.