Ein Mitarbeiter bei der Qualitätskontrolle verzinkter Coils (Stahlbänder)
APA/Barbara Gindl
Herbstlohnrunde

Metaller fordern 4,5 Prozent mehr Lohn

Die Arbeitnehmervertreter fordern in der am Donnerstag eröffneten Kollektivvertragsrunde der Metalltechnischen Industrie ein Plus bei Löhnen und Gehältern von 4,5 Prozent. Weiters sollen die Lehrlingsentschädigung und die Nachtarbeitszulage deutlich erhöht werden. Das sagten die beiden Verhandlungsführer auf Arbeitnehmerseite, Rainer Wimmer (PRO-GE) und Karl Dürtscher (GPA), nach der Forderungsübergabe an Arbeitgeberobmann Christian Knill. Dieser sprach von einer „Zumutung“.

Wimmer sprach von einer „außergewöhnlich guten Lage“ in der Industrie, die Auftragsbücher seien voll und die Produktivität um 3,3 Prozent gestiegen. Dazu komme eine „horrende Inflation“, daher brauche es nun einen „ordentlichen Reallohnzuwachs“. Durtscher erinnerte daran, dass der Kampf um die besten Köpfe nicht durch Lohndumping zu erreichen sei. „Wir wollen einen gerechten Anteil für die Beschäftigten“, sagte er in der Wirtschaftskammer-Zentrale in Wien.

Wimmer betonte auf Nachfrage, dass der Kollektivvertrag der Metaller auch weiterhin eine „Schneepflugfunktion“ hat, also richtungsweisend für andere Branchen ist. Die Forderungen von PRO-GE und GPA seien jedenfalls „realistisch“. Mehr „qualitative Freizeit“ ist ebenfalls eine Forderung der Gewerkschaften. Gleitzeitguthaben sollen selbstbestimmt in ganzen Tagen konsumiert werden dürfen.

PRO-GE Chefverhandler Rainer Wimmer und der Bundesgeschäftsführer der GPA-djp Karl Dürtscher im Rahmen des Starts der Metaller KV-Verhandlungen
APA/Herbert Pfarrhofer
PRO-GE-Chefverhandler Rainer Wimmer und der Bundesgeschäftsführer der GPA-djp, Karl Dürtscher

Was die Gewerkschaft noch fordert

Für rund 80.000 Beschäftigte in der Metallindustrie wird die Arbeitszeit mit einem Schichtmodell geregelt. Hier geht es den Gewerkschaften um die Zulagen für die zweite und dritte Schicht bzw. für die Nachtarbeit. Diese sollen laut den Vorstellungen der Gewerkschaft künftig verdreifacht (auf 1,50 Euro pro Stunde) bzw. verdoppelt (auf fünf Euro pro Stunde) werden. „Für den Einsatz in der Nacht muss es künftig mehr Anerkennung geben. Höhere Zulagen dafür sind ein Schwerpunkt in dieser Lohn- und Gehaltsrunde“, so Wimmer und Dürtscher.

Außerdem fordern die Gewerkschaften eine überdurchschnittliche Erhöhung der Lehrlingseinkommen. Derzeit befinden sich rund 8.000 Lehrlinge in der Metallindustrie in Ausbildung. Ein Lehrling im ersten Jahr erhält bisher 749 Euro. Zum Vergleich: In der Elektro- und Elektronikindustrie sind es bereits 914 Euro und in der Chemischen Industrie 993 Euro. Die Gewerkschaften fordern eine Erhöhung der Lehrlingseinkommen in der Metallindustrie auf 1.000 Euro (1. Lehrjahr), 1.300 Euro im zweiten Lehrjahr, 1.600 Euro im dritten und 2.000 Euro im vierten.

Arbeitgeber-Obmann Christian Knill im Rahmen des Starts der Metaller KV-Verhandlungen
APA/Herbert Pfarrhofer
Der Vertreter der Arbeitgeber, der Industrielle Christian Knill

Arbeitgebervertreter: Zumutung

Arbeitgeberobmann Knill zeigte sich in einer ersten Reaktion verärgert. „Die Forderungen sind vollkommen überzogen, das ist verantwortungslos“, sagte er nach der Forderungsübergabe. Er sprach vor Journalisten von einer „Zumutung“, die Arbeitsplätze gefährde. „Die Gewerkschaften agieren, als gäbe es kein Gestern und kein Morgen. Dabei müssen wir bedenken, dass wir erst seit wenigen Monaten eine der schlimmsten Wirtschaftskrisen der letzten Jahrzehnte hatten, mit einem enormen Einbruch in der Produktion von fast elf Prozent“, so Knill.

Der erste KV-Verhandlungstermin mit der Metalltechnischen Industrie ist der 29. September. 2020 gab es ungewöhnlich rasche Abschlüsse auf Höhe der Jahresinflationsrate, heuer werden auf Grund der jeweiligen Positionen deutlich schwierigere Verhandlungen erwartet.

Metaller fordern 4,5 Prozent mehr

Die Gewerkschaft der Metaller ist am Donnerstag in die Lohnverhandlungen mit den Arbeitgebern gestartet. Die Forderung lautet 4,5 Prozent mehr bei Löhnen und Gehältern.

Die Basis für die Verhandlungen ist die Jahresinflationsrate von 1,89 Prozent, dazu kommt noch die gestiegene Produktivität. Nachdem die Teuerung über lange Zeit stabil bei unter zwei Prozent gelegen war, hat sie zuletzt deutlich Fahrt aufgenommen, aktuell beträgt sie 3,2 Prozent. Die 1.200 Betriebe der Metalltechnischen Industrie beschäftigen über 134.000 Mitarbeiter, die mit einem Produktionswert von 36 Mrd. Euro ein Viertel der gesamten Industrie erwirtschaften. 85 Prozent der Betriebe aus den Bereichen Maschinenbau, Metallwaren, Stahlbau, Automotive, Zulieferindustrie und vieles mehr sind familiengeführt. 4,6 Prozent der Betriebe sind noch in Kurzarbeit.

Metallgewerbe überreichte Forderungen als Erstes

Die erste Überraschung bei den Kollektivvertragsverhandlungen gab es allerdings schon vor der Übergabe der Forderungen der Gewerkschaften an die Metalltechnische Industrie. Die Kolleginnen und Kollegen vom Metallgewerbe kamen ihnen zuvor. Bereits am Dienstag hatte die PRO-GE das Forderungsprogramm für die Kollektivvertragsverhandlungen des Metallgewerbes an die Arbeitgeber überreicht. Das habe lediglich terminliche Gründe, hieß es dazu aus der PRO-GE zur APA.

Im Vorjahr gab es für die 110.000 Arbeiter und Arbeiterinnen sowie 18.500 Lehrlinge im Metallgewerbe im Schnitt ein Lohnplus von 1,45 Prozent wie auch in der Industrie – und in den meisten anderen Branchen auch. Von einem Bruttomindestgehalt von 2.000 Euro wie in der Metallindustrie sind aber viele andere Jobs weit entfernt.

Reaktion der Arbeitgeber und was von den Verhandlungen zu erwarten ist

ORF-Reporter Kaspar Fink berichtete von der Wirtschaftskammer in Wien, wo die erste Runde der Metallerverhandlungen stattgefunden hatten, darüber, wie die Arbeitsgeber auf die Forderung der Gewerkschaft reagierten.

Arbeitgeber: Mit Vernunft und Augenmaß

Vergangene Woche hatten die Arbeitgeber bereits ihre Verhandlungsposition dargelegt: Knill räumte zwar ein, „dass die Auftragsbücher voll sind, es ist aber auch richtig, dass wir nach wie vor eine unsichere Situation in unseren Betrieben haben. Corona ist auch noch nicht vorbei.“ Die Produktion werde heuer lediglich knapp das aufholen, was im Vorjahr verloren gegangen ist – auf den Margen lasteten die Lieferengpässe und die Lohnstückkosten lägen deutlich über dem Schnitt in der Euro-Zone, hieß es weiter.

Ein Abschluss der KV-Verhandlungen „mit Vernunft und Augenmaß“ sei daher nötig, so Knill. Angesichts der zuletzt hohen Inflation bestehe aus der Sicht der Arbeitgeber „kein außergewöhnlicher Handlungsbedarf“. Bei der Teuerung habe man es mit einem Nachholeffekt zu tun, „alle Experten, darunter auch die Nationalbank, rechnen für das nächste Jahr wieder mit einer sinkenden Inflation“.

Wirtschaftsexperten rechnen mit höherem Abschluss

Wirtschaftsforscher Helmut Hofer vom IHS meinte: „Man erwartet ja auch für nächstes Jahr ein relativ gutes Bild, also ist zweieinviertel Prozent sicherlich tragbar und wird wahrscheinlich sogar höher werden, nehme ich an“, so Hofer. Auch Benjamin Bittschi vom Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) rechnet für heuer mit einem kräftigeren Lohnzuwachs. „Die Inflation ist deutlich höher, und insofern ist auch zu erwarten, dass die Abschlüsse höher sind“, sagte Bittschi bereits am Montag im Ö1-Morgenjournal.

Eisenbahner solidarisch mit Metallern

Die Eisenbahner in der Gewerkschaft vida erklärten sich solidarisch mit den Metallern. „Es muss heuer generell über alle Branchen hinweg deutlich spürbare Reallohnerhöhungen geben“, forderte Günter Blumthaler, Vorsitzender des Fachbereichs Eisenbahn in der Gewerkschaft vida. Die Lohnverhandlungen für die rund 40.000 Bahnbeschäftigten beginnen im Oktober.

„Die rasante Teuerung reißt bei der Finanzierung des täglichen Lebens Löcher in die Börsen der Beschäftigten“, so der Bahngewerkschafter. Er fordert bei den kommenden KV-Verhandlungen für die rund 40.000 Beschäftigten in den eisenbahnspezifischen Berufen eine „kräftige Erhöhung der Mindest- und Ist-Gehälter“ und erwartet einen „heißen Herbst“.

Zu den bevorstehenden Sozialpartnerverhandlungen über die Gehaltserhöhungen ab 1. Dezember 2021 kommen bei den Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern noch KV-Nachverhandlungen für den Zeitraum von 1. Jänner 2021 bis 30. November 2021 dazu. Das sei einvernehmlich vereinbart worden, wenn die Inflation – wie mittlerweile schon länger der Fall – 1,3 Prozent übersteigt, betonte die Gewerkschaft.

„Einfaches Dankeschön wird nicht reichen“

Mit dem „Krisenabschluss 2020“ habe man angesichts der unsicheren Lage durch die Pandemie und des damit einhergehenden Fahrgastschwundes, für den die Bahnunternehmen einen Ausgleich aus öffentlichen Mitteln erhalten haben, Verantwortung übernommen, so Blumthaler weiter.

Ein einfaches Dankeschön werde dieses Mal nicht reichen, pochte Blumthaler auf einen zeitnahen Abschluss. Den Eisenbahnern komme auch eine zentrale Rolle bei der Umsetzung des neuen Klimatickets ab Ende Oktober zu, die von der Politik angekündigten Angebotsausweitungen bringen für die Bahnbeschäftigten einen Mehraufwand, der mit deutlich spürbaren Gehaltserhöhungen abgegolten werden müsse, bekräftigte der vida-Gewerkschafter.

Zuckerindustrie schloss bereits ab

Die Eisenbahner waren im Juli 2020 eine der ersten Berufsgruppen, die unter völlig ungewissen Voraussetzungen der Pandemieentwicklung einen KV-Abschluss erzielt haben. Für das zweite Halbjahr 2020 haben die Beschäftigten in eisenbahnspezifischen Kollektivverträgen und der AVB (Allgemeinen Vertragsbedingungen) eine einmalige steuerfreie CoV-Prämie in Höhe von 250 Euro erhalten. Ab 1. Jänner 2021 wurden die Mindest- und Ist-Löhne um 1,3 Prozent, jedoch um mindestens 35 Euro erhöht.

Im Vorfeld der Metallerverhandlungen hat die Zuckerindustrie bereits ihre KV-Verhandlungen abgeschlossen. Die KV-Löhne und -Gehälter steigen um ein Prozent, dazu gibt es eine Einmalzahlung in Höhe von 100 Euro (vorerst für eine Gültigkeitsdauer von einem halben Jahr). Die Entstehung des KV geht auf die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts zurück. Mittlerweile werden jährlich etwa 450 Kollektivverträge zwischen den Sozialpartnern abgeschlossen.

Eine Bezahlung von Mitarbeitern unter Kollektivvertrag ist verboten. In Österreich fallen fast alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen unter Kollektivverträge, in Deutschland sind es nur etwa 50 Prozent.